
01.12.2021 |
Lange war „Do it yourself“ (DIY) der Leitsatz im Customer Service. Doch die Kunden haben genug. Experten sind sich sicher: Der Trend geht zunehmend in Richtung „Do it for me“ (DIFM). Was Personal-Bots damit zu tun haben und warum wir uns auf dem Weg zur Bot-Economy befinden, beleuchten wir in diesem Artikel.
Der Wandel des Self-Service
Die Unabhängigkeit etwas selber zu machen – das ist das Grundprinzip des Self-Service. Dieses gilt auch im Customer Self-Service: Nutzer erhalten Antworten auf ihre Fragen oder können Einstellungen vornehmen – und das jederzeit unabhängig von Geschäfts- und Servicezeiten. DIY, die einfache und unkomplizierte Art das eigene Anliegen selbstständig zu lösen, trifft den Geschmack der Endverbraucher: Bereits im Jahr 2014 lag der Anteil der Self-Service-Nutzung auf Webseiten bei 76%, so eine Studie von Forrester. Was damals auch schon auffiel: Immer häufiger wurde beim Self-Service auf virtuelle Agenten zurückgegriffen. Hier stieg die Nutzung von 28% im Jahr 2012 auf 58% im Jahr 2015. In 55% der Fälle wurde dabei auf Sprach-Self-Service zurückgegriffen.
„‚Do it yourself‘ war gestern – ‚I do it for you‘ ist heute“
Dass Aufgaben künftig zunehmend an Bots abgegeben werden, zeigt eine Veränderung des Self-Service-Verhaltens: Das klassische DIY wird immer häufiger abgelöst durch eine neue Variante – nämlich „I do it for you“; auch „Do it for me“ (DIFM) genannt. Laut Digitalexperte Peter Kabel ist DIFM „das neue Normal“. Kunden seien heute häufig genervt, wenn sie z.B. Formulare selbstständig ausfüllen müssen. Da ist es komfortabler dies IVAs zu überlassen. Die Integration von künstlicher Intelligenz und mobilen Apps in unseren Alltag, hat diese Entwicklung immens vorangetrieben.
Mullen zeichnet für die Zukunft des Self-Service vier mögliche Szenarien:
Diese reichen von „Do it myself“ und „Do it together“ – dem Self-Service im klassischen Sinne sowie mit menschlichem Support durch einen Servicemitarbeiter – hin zu „Let my bot do it“, was dem Einsatz eines virtuellen Assistenten gleichkommt. Die vierte Stufe zeichnet das interessanteste Szenario: „Let our bots do it“.
Bot-to-Bot statt Bot-to-Consumer
Statt einzelne Aufgaben an den jeweiligen ServiceBot zu delegieren, wird es in Zukunft so sein, dass Bots dies untereinander tun.
„Im Moment ist der Stand der Technik bei Bots noch Bot-to-Consumer, also Bots, die mit Menschen kommunizieren. Aber irgendwann werden Bots anfangen, mit anderen Bots zu sprechen. Das ist der Beginn der Bot-to-Bot-Ära.“
Niko Nelissen, Gründer von blendr.io, via VentureBeat
Nelissen spekulierte bereits im Jahr 2016 über die Entwicklung der künftigen Bot-Landschaft. Er prognostizierte einen Wandel von der klassischen Bot-to-Consumer Kommunikation hin zu einer Bot-to-Bot Ära, in der Dialoge von Maschine zu Maschine geführt werden. Erst im letzten Schritt komme es zur Übermittlung an den Endverbraucher – Nelissen spricht von einer Bot-to-Bot-to-Consumer Kommunikation.
An dieser Stelle kommt der Begriff des Personal-Bots ins Spiel. Im konkreten Anwendungsfall könnte dies so aussehen: Es soll eine Reservierung für eine Fahrt von Köln nach Berlin vorgenommen werden. Außerdem soll in Berlin ein Hotelzimmer gebucht werden. Statt für jeden Service – Fahrt und Hotel – eine einzelne Buchungsanfrage zu starten, wendet sich der Kunde an einen Bot – seinen persönlichen Bot. Der Bot des Kunden heißt Paul. Paul kontaktiert nun den virtuellen Assistenten der Deutschen Bahn, um ein passendes Bahnticket zu buchen. Anschließend „spricht“ Paul mit einem BuchungsBot, der ein verfügbares Hotelzimmer in Berlin ermittelt. Sind beide Buchungen erfolgreich abgeschlossen, informiert Paul den Endverbraucher.
„Man hat [künftig] einen Service-Bot, seinen persönlichen Bot, mit dem man redet und der die anderen Bots steuert.“
Sven Gábor Jánszky im Webinar zum Thema Voice AI
Auch Sven Gábor Jánszky, Chairman des Zukunftsforschungsinstituts 2b AHEAD ThinkTank, teilt die Vision eines persönlichen ServiceBots, der die Kommunikation mit anderen Bots übernimmt. Im Rahmen eines Webinars sprach er mit Peter Kabel über die Themen Voice AI und Bot-Economy. Bots, die untereinander Geschäfte machen, Buchungen vornehmen oder andere Services ausführen, sind auch für Kabel eine realistische Zukunftsvorstellung. Dabei stelle sich jedoch die Frage auf welche Weise die einzelnen Bots künftig miteinander kommunizieren: Über natürliche Sprache oder über APIs? Beides sei denkbar. Wichtig sei, dass Systeme für Bots geöffnet werden. Die Systeme der Unternehmen müssen so konfiguriert sein, dass Bots darauf zugreifen und Aktionen ausführen können. Ist dies nicht der Fall, so werden Unternehmen in der nahenden Bot Ära nicht mithalten können. Eine entsprechende Umstellung müsse jetzt erfolgen, bevor es zu spät ist.